Bad Kreuznach | Ein roter Kugelschreiber wurde Maßstab fürs Leben
Als Bastian vor neun Jahren in der 26. Schwangerschaftswoche in den Diakonie Kliniken Bad Kreuznach geboren wurde, war er kaum größer als ein Kugelschreiber. Er wog 670 Gramm, passte fast in eine Hand und war ein Kämpfer. Heute geht der Junge aus Dickenschied (Rhein-Hunsrück-Kreis) in die dritte Klasse in Gemünden, kickt mit seinen Freunden auf dem Fußballplatz, fährt Rad und liebt Nudeln, Pizza, Pommes und Chicken Nuggets – ein Kinderleben, wie es sich die Eltern immer gewünscht haben. Insgesamt 93 Tage verbrachte Bastian mit seinen Eltern im Krankenhaus, davon 72 auf der Kinderintensivstation der Diakonie. „Eine Kinderkrankenschwester hatte damals die Idee, Bastian mit einem roten Kugelschreiber im Inkubator zu fotografieren, um seine Entwicklung sichtbar zu machen“, erinnert sich seine Mutter Nadine Staudt: „Daraus ist eine ganze Serie entstanden und ein Symbol für seinen Weg.“ Auch neun Jahre später ist die Familie mit dem Team der Kinderintensivstation noch immer eng verbunden. „Jedes Mal, wenn ich diese Station betrete, kommen die Erinnerungen zurück, an die Angst, aber auch an die Wärme und das unglaubliche Engagement des Teams“, schwärmt sie. Aus den intensiven Wochen im Krankenhaus sind Freundschaften entstanden, zu den Pflegefachkräften, Ärztinnen, Ärzten sowie den anderen Frühchen-Eltern. Bastian ist heute ein Junge, der voller Energie durchs Leben geht – kein bisschen schüchtern, ziemlich selbstbewusst und voller Bewegungsdrang. Zwar sind die Folgen der Frühgeburt in manchen Bereichen noch zu spüren, doch Bastians Entwicklung zeigt, was Geduld, Liebe und konsequente Förderung bewirken können. Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie gehörten in den ersten Jahren zum Alltag und auch jetzt noch sind Therapien und Arzttermine nötig. Familie Staudt nutzte jede Chance, um ihrem Sohn den besten Start ins Leben zu geben. „Wir möchten anderen Eltern, die sich vielleicht in der gleichen Situation wie wir damals befinden, Mut machen, ihr Kind in jeder Hinsicht zu fördern und ihm Zeit zu geben. Vieles kann man aufholen, wenn man früh unterstützt und dranbleibt“, rät die erfahrene und stolze Mama. Dr. Edmondo Hammond, Leitender Oberarzt der Kinder- und Jugendmedizin, kennt Bastian seit seiner Geburt und freut sich über den Besuch seines ehemaligen Patienten: „Wenn man Kinder wie Bastian heute so fröhlich und munter durch die Flure laufen sieht, ist das ein bewegender Moment.“ In den vergangenen Jahren habe sich die Frühgeborenenmedizin enorm weiterentwickelt. Die Überlebenschancen und die Lebensqualität seien heute deutlich besser, erklärt der Neonatologe: „Wir gehen heute weniger invasiv vor, beobachten, wie die Kinder sich verhalten, und unterstützen sie gezielt. In meinen Berufsanfängen galten Kinder, die in der 27. Schwangerschaftswoche geboren wurden, als Hochrisikokinder. Jetzt gilt das für Kinder, die in der 23. oder 24. Woche zur Welt kommen.“ Das Perinatalzentrum der Diakonie Kliniken setzt bei der Behandlung auf moderne und feinere Technik sowie schonende Konzepte, wie sanfte Beatmungsverfahren oder die Entbindung an der pulsierenden Nabelschnur, um den frühkindlichen Organismus nicht zu belasten. Dadurch haben sich nicht nur die Überlebenschancen an der Grenze der Lebensfähigkeit verbessert, sondern auch die langfristige Entwicklung vieler Kinder. Die Fachabteilung arbeitet also ehrgeizig daran, immer Level 1 zu sein. „Wir wissen heute, dass das familiäre Umfeld und die Förderung den größten Einfluss auf die Entwicklung von Frühgeborenen haben“, betont Hammond. Deshalb begleitet die Diakonie Familien mit zahlreichen Angeboten: von der sozialmedizinischen Nachsorge, den Frühchen-Treff, über die Frühen Hilfen, die Weiterbehandlung im Sozialpädiatrischen Zentrum bis zu vielfältigen Kursen der Elternschule. Bastians Geschichte zeigt, was alles möglich ist. „Sie beweist, welches Potenzial schon in einem winzigen Körper steckt und dass aus einem viel zu kleinen Anfang Großes werden kann“, sagt Hammond und lächelt stolz über seinen großen Vorzeige-Patienten. Am 17. November, dem Weltfrühgeborenentag, erinnert die Kinderklinik der Diakonie Kliniken Bad Kreuznach mit einem bunten Aktionstag (13 - 17 Uhr) an die besonderen Bedürfnisse von Frühgeborenen und ihren Familien und feiert Geschichten wie die von Bastian: die eines großen Kämpfers, für den ein roter Kugelschreiber der Maßstab für Leben war.



































































































